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Das Nefs

„Nefs“ bedeutet „Selbst, Ego, Triebseele“.

Natürlich ist das Nefs nicht im eigentlichen Sinne das Selbst des Menschen. Denn der Mensch ist viel mehr als nur sein Nefs – und seine Seele (Ruh) und sein Herz (Qalb) machen den Menschen doch viel mehr aus als sein Nefs.

Da die meisten Menschen aber vollkommen von ihrem Nefs beherrscht werden, nehmen sie von sich selbst nicht viel mehr wahr als nurmehr ihr Nefs. Und weil sich jene Menschen, die unter dem Einfluss ihres Nefs stehen, vollständig mit ihrem Nefs identifizieren, meinen sie, dass dieses ihr Selbst und ihr Ich sei.

Dies klingt jetzt alles erst einmal sehr negativ und ganz so, als ob das Nefs nur schlecht wäre und über gar keine guten Eigenschaften verfügen würde. Im Grunde genommen ist das Nefs aber erst einmal weder gut noch schlecht, sondern einfach nur ein Hilfsmittel, das dem Menschen vom Erhabenen Allah gegeben wurde, um ihn auf seinem Lebensweg zu unterstützen und ihm dabei zu helfen, dem Erhabenen Allah am Tage seines Todes mit einem unversehrten Herzen (Qalbu-Selim) gegenübertreten zu können.

Im Prinzip ist das Nefs also weder gut noch schlecht, sondern es ist einfach nur dafür da, seine Aufgabe zu erfüllen. Und hierzu hat es der Erhabene Allah mit zwei Kräften ausgestattet:

  1. Der Begierde
  2. Dem Zorn

Die Begierde hilft dem Menschen dabei, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, Wissen zu erwerben und seine Art zu erhalten.

Und der Zorn hilft dem Menschen dabei, sich gegen äußere Feinde zu verteidigen und die Würde und das Leben von sich und seiner Familie zu schützen.

Nun aber kommen wir zum entscheidenden Punkt: Wenn mandas Nefs bei der Erfüllung seiner Aufgaben sich selbst überlässt, dann überschreitet es so lange immer mehr seine Kompetenzen, bis es zu einem gierigen Schwein wird und einem tollwütigen Hund wird. 

Zum gierigen Schwein wird das Nefs, wenn es sich nicht mehr mit jenem Anteil an dieser Welt zufriedengibt, der dafür ausreicht, sich und seine Familie zu versorgen und stattdessen dazu übergeht, immer mehr Vermögen und Ruhm anzuhäufen und immer mehr Genuss in dieser Welt zu suchen.

Und zum tollwütigen Hund wird das Nefs, wenn es sich nicht mehr darauf beschränkt, Leib, Leben, Besitz und Würde seines Besitzers zu schützen, sondern dazu übergeht, hemmungslos seinen Zorn auszuleben und seine Mitmenschen zu drangsalieren und zu unterdrücken.

All dies kann nur dadurch verhindert werden, dass man das Nefs an die Kandare nimmt und es mithilfe der spirituellen Erziehung dazu anhält, seine gottgegebenen Eigenschaften für jene Aufgaben zu nutzen, für die sie dem Menschen gegeben wurden.

Und gegeben wurden dem Menschen die Eigenschaften der Begierde und des Zorns und alle anderen Eigenschaften, die mit diesen Grundeigenschaften in Zusammenhang stehen, damit er seiner Aufgabe als Gottesdiener und Gotteserkenner in dieser Welt gerecht werden kann. Und dieser Aufgabe kann der Mensch nur gerecht werden, wenn er den Willen seines Nefs zugunsten des Willens des Erhabenen Allah aufgibt und sich Seinen Geboten unterwirft und zu diesem Zwecke sein Nefs in den Dienst des Erhabenen Allah stellt.

Kurz gesagt muss der Mensch also dafür sorgen, dass sein Nefs kein Eigenleben mit immer mehr Wünsche, Begierden und Launen entwickelt, die den Geboten des Erhabenen Allah zuwiderlaufen und den Menschen dazu verführen, sich in diese Welt zu verlieben und darüber den Erhabenen Allah und das Jenseits zu vergessen.

Deshalb muss sich der Mensch so schnell als möglich daranmachen, sein Nefs mithilfe der spirituellen Erziehung zu disziplinieren und von seinen verderblichen Wünschen, Begierden und Launen zu reinigen. 

Im Edlen Koran heißt es hierzu:

„Erfolgreich ist, wer sein Nefs reinigt und verloren ist, wer es verkommen lässt!

(91. Sure: Esch-Schems, Vers 9f)

Wer sein Nefs reinigt, dessen Nefs durchläuft so lange verschiedene Entwicklungsstufen, bis es schließlich zur Ruhe kommt, dem Willen des Erhabenen Allah folgt und nur noch im Einklang mit Seinem Willen handelt. Und wer sein Nefs verkommen lässt, indem er es sich selbst überlässt und nicht reinigt, wird zum Spielball seines Nefs und geht seinem diesseitigen und jenseitigen Untergang entgegen.

Und da das Nefs nicht nur sehr stark und dominant ist, sondern noch dazu mit dem verfluchten Scheytan im Bunde steht, der sich nichts lieber wünscht als den Menschen in sein ewiges Verderben zu stürzen, sollte man sich Beistand gegen diese beiden mächtigen Feinde suchen, indem man sich dem Weg eines spirituellen Erziehers anschließt und sich von ihm dabei helfen lässt, sein Herz vor der Einflüsterung des Scheytan zu schützen und die Eigenschaften des Nefs in den Dienst des Erhabenen Allah zu stellen.

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